Welche Rolle spielt Trendforschung für FMCG und erfolgreiches Verpackungsdesign?
Verpackungsdesign muss Resonanz bei möglichst vielen Menschen erzeugen, ihre Aufmerksamkeit wecken, sie zum Kauf animieren und zur richtigen Verwendung anleiten. Im „moment of truth“, also am POS, ist eine Marke entweder von Bedeutung, oder sie entgleitet der schrumpfenden Aufmerksamkeit der Menschen und geht in der Masse der Angebote unter. Damit viele Menschen einer Marke oder Verpackung ihre Aufmerksamkeit schenken, braucht es gesellschaftliche Relevanz – und dafür braucht es die Trendforschung. Denn was als bedeutsam wahrgenommen wird, wandelt sich in unseren dynamischen Lebenswelten. Die Trendforschung scannt die aktuellen und aufkommenden Narrative und Codes nach Relevanz, und informiert die Markenstrategie so über neue Chancenfelder in der Innovation. Das macht sie anfassbar und anwendbar für die Kommunikation und das Packaging.
Im Rahmen der Digitalisierung ist unsere Welt schneller, komplexer und visueller geworden. Dieser neue Kontext triggert das Denken mit dem System 1 – so nennen Verhaltensforscher und -psychologen den unbewussten Denkmodus, der in Bruchteilen von Sekunden entscheidet, ob uns etwas interessiert oder nicht. Doch was lenkt uns bei diesen automatischen und intuitiven Entscheidungen, die nicht auf logischen Abwägungen basieren?
Wir Menschen sind zutiefst kulturelle Wesen, daher werden unsere Entscheidungen von kulturellen Kontexten geprägt und beeinflusst. Nichts, egal ob Gegenstand, Marke oder Aktivität, ist frei von kultureller Bedeutung. Es sind diese kulturellen Konnotationen, die das Konsumverhalten lenken und entscheiden, ob wir uns angesprochen fühlen oder nicht. Und daher müssen die visuellen und verbalen Botschaften unmittelbar wirken und an die aktuellen Diskurse und Codes anknüpfen, die in unserer Gesellschaft verhandelt werden. Trendforschung, vor allem in ihrer Ausprägung als semiotische Wissenschaft, hilft Marken, ihre Narrative und Codes entsprechend der sich verändernden kulturellen Kontexte stetig zu aktualisieren, um relevantere Angebote und Markenauftritte zu gestalten.
DREI ANSÄTZE FÜR TRENDFORSCHUNG, UM GRÖßERE KULTURELLE RESONANZ ZU SCHAFFEN
1. NEUE VORSTELLUNGEN IN BEZUG AUF DIE KATEGORIE ANSPRECHEN
Trendforschung innerhalb einer Kategorie zeigt der Markenführung auf, wo Relevanz wächst und welche Wachstumsfelder die Marke besetzen kann.
Wie? Scan der aufkommenden Themen und Chancen innerhalb der (internationalen) Wettbewerbslandschaft: Was sind die Konventionen und was neue Ausdrücke in Kommunikation und Packaging? Wie ändert sich der mediale Diskurs, z. B. rund ums Thema gesunde Ernährung? Was sind neue Glaubenssätze, die es zu reflektieren gilt?
2. MARKEN-WERTE UND -PURPOSE ZEITGEMÄSS AUSDRÜCKEN
Trendforschung liefert die Narrative und Codes, die genutzt werden können, um gewünschte Assoziationen instinktiv und emotional bei der potentiellen Käuferschaft herzustellen.
Wie? Identifizierung kultureller Treiber und Referenzen rund um zentrale Markenthemen (wie z.B. Sustainability, Health, Connectedness, Disruption).
3. VERHALTEN UNTERSTÜTZEN ODER GAR ANLEITEN
Trendforschung liefert Kontextwissen und damit Inspiration für Formate, die mehr „Sinn“ machen, indem sie Nutzung oder gewünschtes Verhalten motivieren und anleiten (z. B. lästige Rituale zu Spaß machen, Überdosierung verhindern).
Wie? Exploration (neuer) Nutzungssituationen und Konsumentenverhalten, um Verwendungskontexte und Treiber und Barrieren zu verstehen.
Trendforschung ist damit weniger eine Prognose von Moden à la „Fuchsia ist das neue Mint“, als vielmehr Diagnose und Analyse der aufkommenden Codes und Narrative mit gesellschaftlicher Relevanz. Damit eine Marke in kürzester Zeit ihre Haltung und ihr Versprechen über Verpackung und Kommunikation vermitteln kann, braucht sie dieses kulturelle und kontextuelle Wissen.
Dieser Artikel erschien zuerst in der März-Ausgabe 02/20 der 'creativ verpacken'.
Autorin: Inga Nandzik, Director Innovation Strategy
Inga always takes a multi-perspectival approach founded upon her studies in sociology, communication and economics. She decodes cultural codes, patterns and meanings of changing consumer cultures and links the trends to usage scenarios and thematic arenas for desirable future models and service worlds.
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