Customer Experience Journey
Aufgabe
Um das Customer Journey Framework mit seinen maßgeblichen Insights und Key Moments besser zu verstehen, beschloss die BSH, in zwei relevanten Märkten (Deutschland und Indien) in die Experience des First Time Buying einzutauchen.
Ansatz
Auf Basis eines 4-wöchigen selbst-ethnografischen Diary, begleiteten wir 48 Teilnehmer*innen in zwei Ländern entlang ihres Mindsets, Beliefs und Expectations, welche die Wahrnehmung bei der Produkt- und Markenauswahl steuern.
Ergebnis
Der Output umfasste eine holistische Betrachtung der strategischen Interventionsmöglichkeiten auf globaler Ebene, zur Erleichterung und Lenkung des Customer Journey Framework von First Time Buyer über alle Kategorien hinweg.
Customer Experience Journey
‘Key Moments’ Analyse bei First Time Buyers von BSH-Haushaltsgeräten mit strategischen Interventionsmöglichkeiten
CHANGING SHOPPING CULTURES
Unser Kauf- und Nutzungsverhalten wird immer stärker durch die Digitalisierung beeinflusst: Phygital ist das neue Normal
In der modernen Welt beginnt die Customer Journey nicht mehr ausschließlich im Store, sondern vielmehr auf Plattformen wie Google oder in unseren personalisierten Feeds. Es sind diese unvorhersehbaren Momente, in denen Daten die Entscheidungsfindung der Menschen prägen. Daher entstand der Begriff "phygital", der die Worte physisch und digital kombiniert. Kurz gesagt, es geht um die Verbindung der physischen mit der digitalen Welt. Digitale Funktionalitäten werden in das physische Kund*innenerlebnis integriert und umgekehrt. Es geht um einen Prozess, der diese beiden Welten nahtlos miteinander verknüpft und durch die hybride Erfahrung einen innovativen Pfad innerhalb der User Experience einschlägt. In einer Zeit, in der die digitale Welt so allgegenwärtig ist, ist es wichtig, die Relevanz und Präsenz, die die physische Welt bieten kann, nicht aus den Augen zu verlieren.
Auch bei BSH ist man sich bewusst, dass sich die Touchpoints innerhalb der Customer Journey in den letzten Jahren verändert haben. Viele neue Berührungspunkte sind hinzugekommen, andere sind weniger wichtig geworden. Mit den heute zur Verfügung stehenden Technologien ist es aus Sicht der Verbraucher*innen nicht mehr akzeptabel, eine Kaufentscheidung nur über einen bestimmten Kanal treffen zu müssen. Das Kauf- und Nutzungsverhalten hat sich verändert, Einkaufsgewohnheiten folgen neuen Mustern, und eingefahrene Prozesse müssen an veränderte Marktbedingungen angepasst werden. Vor genau dieser großen Herausforderung standen wir und stellten uns die Aufgabe, herauszufinden wie First Time Buyer im heutigen Zeitalter ihre Journey beim Kauf eines neuen Haushaltsgeräts beschreiben, welche Einflüsse und Hilfsmittel dabei eine zentrale Rolle spielen und welche Bedürfnisse letztendlich durch ihre Vorgehensweise erfüllt werden müssen. Um dem auf die Spur zu kommen, haben wir zwei sehr unterschiedliche Lebenskontexte in Deutschland und Indien untersucht und gegenüberstellt.
In einer Zeit, in der
die digitale Welt so
allgegenwärtig ist,
ist es wichtig, die
Relevanz und Präsenz,
die die physische
Welt bieten kann,
nicht aus den
Augen zu verlieren.
DER AUSGANGSPUNKT
Die Beziehung zwischen Haushaltsgeräten und ihren Käufer*innen
Für ein Verständnis des Kaufverhaltens im Kontext von Haushaltsgeräten ist eine wichtige Voraussetzung, zwei essenziell unterschiedliche Beziehungsebenen zu diesen Geräten zu erörtern. Dies gilt besonders in Situationen, in denen Käufer*innen erstmalig eine Kaufentscheidung in diesem Produktsegment treffen. Zum einen ist die Suche nach einem neuen Haushaltsgerät wie die Suche nach einem neuen Familienmitglied. Darüber hinaus werden Haushaltsgeräte gekauft, um das tägliche Leben zu erleichtern.
In beiden Fällen hat sich im Laufe der 4-wöchigen Customer Journey gezeigt, dass es weder leicht ist ein perfektes Match zu finden, noch dass das Einkaufserlebnis alles andere als einfach und unkompliziert ist. Im Gegenteil, es wurde deutlich, dass das anfänglich sehr positive Gefühl sich mit dem Kauf zu beschäftigen schnell umschlug und man sich erst einmal der Herausforderung stellen musste, sich durch den großen und undurchsichtigen Markt der Haushaltsgeräte zu navigieren.
DAS METHODISCHE VORGEHEN
Eine 4-wöchige ethnografische Vogelperspektive und die Begleitung der Konsument*innen auf ihrer Reise zum ersten Kauf eines neuen Haushaltsgeräts.
Die Entscheidung für den Kauf eines neuen Haushaltsgeräts wird selten innerhalb weniger Tage, sondern oft über mehrere Wochen getroffen. Um einen besonders realistischen und forscherisch effizienten Einblick in die Welt der Konsument*innen zu bekommen, haben wir uns dafür entschieden, die Teilnehmer*innen über vier Wochen hinweg auf unserer STURMundDRANG Community Plattform zu begleiten. Mittels einer Diary Dokumentation teilten die Teilnehmer*innen der Studie ihre fortlaufenden Erlebnisse mit uns. Die Themen und Aufgaben wurden Woche für Woche auf der Plattform freigeschaltet, wobei unterschiedliche Aufgabenformate und Recherchetechniken zum Einsatz kamen. Jede Woche erhielten die Teilnehmer*innen Aufgaben, die sie entweder alleine bearbeiten oder gemeinsam besprechen konnten.
Für uns Researcher war es eine faszinierende Erfahrung, vier Wochen lang in die Welt der Alltagsprozesse einzutauchen und aus der Vogelperspektive viele kleine Dinge zu erleben, die im unmittelbaren Moment schwer rationalisierbar sind, aber im Zusammenhang mit den Vorgehensweisen und Prozessen einen Sinn ergeben. In diesem Meer von unterschiedlichen Handlungen ergaben sich interessante Schnittmengen und Verhaltensmuster, die zeigten, wie jede*r Konsument*in auf die ein oder andere Weise zum Ziel kommt.
In diesem Meer von
unterschiedlichen
Handlungen
ergaben sich
interessante
Schnittmengen und
Verhaltensmuster,
die zeigten, wie
jede*r Konsument*in
auf die ein oder
andere Weise
zum Ziel kommt.
DIE FEINEN UNTERSCHIEDE
Wenn klar wird, dass Shopping Routinen in Indien sich erheblich von denen in Deutschland unterscheiden, doch es bei einigen Punkten auch Parallelen gibt.
Fragt man Menschen, ob das Einkaufsverhalten der Konsument*innen in Indien sich von dem in Deutschland unterscheidet, wäre die erste Antwort wohl 'Ja'. Indien und Deutschland sind durch rund 8000 km getrennt und verkörpert, wie wir alle wissen, deutlich unterschiedliche kulturelle Einflüsse und Verhaltensmuster. Im Grunde ist die Antwort also gar nicht so falsch, insbesondere weil die kulturellen Unterschiede ein prägendes Element beider Länder sind. Allerdings haben wir festgestellt, dass sich bei manchen shoppingrelevanten Themen die Menschen aus Indien gar nicht so sehr von den deutschen Konsument*innen unterscheiden.
Der wahrscheinlich größte und bemerkenswerteste Unterschied liegt im Online-Kaufverhalten. In Deutschland ist es stärker ausgeprägt als in Indien. Nicht zuletzt hat der Push durch die Covid-19 Pandemie eine sprunghafte Nutzung von digitalen Diensten in Deutschland gefördert. Zwar wird der Offline-Handel aufgrund des persönlichen Kontakts zum Händler weiterhin geschätzt, doch zeigt sich, dass deutsche Konsument*innen immer mehr das Internet als Kaufort nutzen. Dies gilt insbesondere, wenn technische Aspekte wie beispielsweise die verbesserte Darstellung und Visualität der Geräte und Möglichkeiten der digitalen Beratung weiter optimiert werden. Es ist für deutsche Konsument*innen durchaus denkbar, einen Kauf abzuschließen, ohne das Haushaltsgerät im Elektronikgeschäft jemals live gesehen zu haben. In Indien ist das jedoch anders. Trotz der zunehmenden Nutzung von Online-Kanälen zur Informationssuche besteht bei den Menschen dort noch immer großes Misstrauen gegenüber diesem Kanal als Plattform für den Kaufabschluss. Stattdessen verlassen sich Kund*innen bei Informationen und Käufen in hohem Maße auf ihre persönlich bekannten Händler vor Ort, denen sie großes Vertrauen entgegenbringen und auch ihre Familie mitnehmen, um sich sowohl vom Händler als auch durch die Erfahrungen der Familie beraten zu lassen. Die Gewissheit, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben und bei Problemen mit dem Gerät dorthin zurückkehren zu können, ist für viele indische Konsument*innen ein zentraler Grund, offline zu kaufen. Das Vertrauen in den Online-Handel ist im Segment der Haushaltsgeräte derzeit kaum gegeben.
In beiden Ländern gibt es jedoch viele Parallelen bei grundsätzlichen Suchstrategien. Innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen konnten wir immer wieder Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten feststellen. Wie Konsument*innen im Dickicht des Waldes an Informationen kommen, ist in beiden Ländern recht ähnlich ausgeprägt. In beiden Ländern wünschen sich die Konsumenten eine einfache, übersichtliche und gut strukturierte Oberfläche im ganzheitlichen phygitalen System, um die Vielfalt an Geräten zu sortieren und einzuordnen. Hersteller*innen, die ihre Produkte gut für die Kund*innen kuratieren, haben einen entscheidenden Vorteil. Letztlich geht es darum, die Dinge auf das Wesentliche zu reduzieren, aus der Perspektive der Verbraucher*innen zu denken und eine einfache Sprache zu sprechen. Dabei wollen die Kund*innen in die Vielfalt der Geräte eintauchen und die zahlreichen Möglichkeiten, die die neuen Technologien bieten, auf visuelle, spielerische und reibungslose Weise entdecken, ohne sich zu lange mit technischen Herausforderungen auseinandersetzen zu müssen.
STRATEGISCHE INTERVENTIONSMÖGLICHKEITEN
Eine holistische Betrachtung der strategischen Interventionsmöglichkeiten auf globaler Ebene zielt darauf ab, das Journey Framework von First Time Buyers durch alle Produktkategorien zu erleichtern und zu lenken.
Das übergeordnete Ziel dieser Studie war es, herauszufinden, welche strategischen Interventionsmöglichkeiten entlang der Customer Journey zu Optimierungen führen können. Diese sollten es Erstkäufer*innen erleichtern, ein Haushaltsgerät zu finden, das ihren individuellen Bedürfnissen entspricht. Zu diesem Zweck konnten wir sowohl in Deutschland, als auch in Indien 15 "Key Moments" identifizieren, die entsprechende Pains und Gains adressieren und aus denen sich vielversprechende Potenziale ableiten lassen, um die Customer Journey zu verbessern.
Zum einen ging es darum, wie die Vielzahl möglicher Geräte digital aufbereitet und visualisiert werden kann, sodass es für die Verbraucher*innen einfach ist zu verstehen, welche verschiedenen Einsteigermodelle es gibt, welche Varianten und welche Funktionen von der Grundausstattung bis zu den fortgeschrittenen Funktionen verfügbar sind. Es muss eine Lösung gefunden werden, um die Informationsflut so zu bündeln, dass die Verbraucher*innen nicht das Gefühl bekommen, überfordert zu sein und dadurch vom Kauf abgehalten werden, was natürlich frustrierend ist.
Ein weiterer zentraler Punkt war die Frage, wie wir es in unserer phygitalen Welt schaffen, die Geräte in ihrer Gesamtheit erlebbar zu machen, sowohl im digitalen Kontext als auch bei einem stationären Besuch. Der stationäre Handel steht vor der Herausforderung, nicht alle möglichen Geräte vor Ort ausstellen zu können. Daher sind die Kund*innen frustriert, wenn sie die Geräte nicht in einem Live-Kontext sehen können. Ein immersives Einkaufserlebnis, bei dem Produkte "lebendig" und in realen Situationen erlebt werden können, wird daher bevorzugt. Technische Hilfsmittel wie Augmented Reality sind sicherlich eine Möglichkeit, die kontextbezogene Vorstellungskraft zu fördern, aber es gibt noch viele andere.
Ein letzter Moment, der als Beispiel dienen soll, ist der Moment, den wir wohl alle gut kennen: Wenn das Haushaltsgerät zu Hause ankommt und in Betrieb genommen oder eingerichtet werden muss. Alle, die schon einmal die Bedienungsanleitung zur Hilfe nehmen mussten, erinnern sich möglicherweise daran, wie kompliziert und technisch viele dieser Anleitungen geschrieben sind, sodass man dankbar ist, die Installation auf andere Weise durchführen zu können. Dieser Moment erweist sich auch nach dem Kauf für viele Konsument*innen als sehr relevant und offenbart, dass die Hersteller von Haushaltsgeräten noch einige Verbesserungen und Optimierungen vornehmen sollten, um das Kauferlebnis eines neuen Haushaltsgeräts zu verbessern, selbst wenn das Gerät bereits zu Hause ist.
Für das BSH-Team war diese Studie äußerst nützlich, da sie bereits bekannte Key Moments bestätigte und mit neuen Insights anreicherte, aber auch neue Momente einbrachte, die bislang noch nicht als Möglichkeiten für Interventionen identifiziert werden konnten.
Insgesamt hat sich jedoch gezeigt, dass Konsument*innen eine phygitale Verbindung von physischer und digitaler Welt bevorzugen und keineswegs nur auf einen Weg fixiert sind. Wer es schafft, die positiven Aspekte beider Welten zu vereinen und jeden Touchpoint entsprechend zu bedienen, wird letztlich einen entscheidenden Vorteil in der Markenbekanntheit erzielen und im Relevant Set deutlich aufsteigen.
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