Beauty für Hipster
Über die Jahre hatte sich im Verpackungsdesign ein festes Männlichkeitsbild etabliert: Kantig, dunkel, mit Versalien und serifenloser Typografie. Männerprodukte sollten sich auf einen Blick von Frauenprodukten unterscheiden: Hier stark, hart, hocheffizient, da schlank, bunt, verspielt. Gender Design eben, kulturelle Stereotype, reduziert auf die Form und Farbe von Plastikflaschen. Doch unsere Gesellschaft wird immer emanzipierter. Deshalb trifft die Brooklyn Soap Company mit ihrem androgynen Design den Zahn der Zeit.
Pflege für den neuen Mann: Die Produktreihe „The Woods“ der Brooklyn Soap Company ist minimalistisch-stilvoll, hochwertig und moralisch einwandfrei. Die Inhaltsstoffe rein pflanzlich und vegan, produziert ohne Tierversuche, per Hand abgefüllt in Deutschland. Ja, anders als der Name es vermuten lässt, ist die Brooklyn Soap Company local: Drei Hamburger Jungs, nur die Idee zur Firma stammt tatsächlich aus Brooklyn, wo zwei der Gründer ein Praktikum machten.
Das reduzierte und zurückhaltend natürliche Design von „The Woods“ hebt sich ab von der herkömmlichen lauten Männerpflege im Drogerieregal. Die Packungen sind schlicht und dunkel, wirken sachlich und ehrlich wie ein Apothekenprodukt. Der Duft mit Noten von Mandarine, Pfeffer, Muskat und Schwertlilie ist würzig und blumig und wird auch gerne von Frauen benutzt, verrät die Verkäuferin in einem Hamburger Naturkosmetikgeschäft.
Neben Duschgel, Parfum und Hautpflege besteht das Sortiment der Männerkosmetik-Pioniere insbesondere aus Produkten zur Bartpflege. Denn auch wenn seine Klamotten, Hobbies, Essensvorlieben und Werte androgyn sein mögen: Mit dem Vollbart beweist der Hipster, dass er eben doch ein Mann ist.
Fotos: © Brooklyn Soap Company https://bklynsoap.com
Für ein neues Konsum-Verständnis
Wenn es stimmt, dass sich in Konsum und Popkultur Trends als Erstes abzeichnen, wie lässt sich das neue Konsumverhalten in Richtung Politik und Gesellschaft weiterdenken? Zunächst ändert sich das Bild des Konsums: Weg vom gehetzten Menschen, der sich im Kaufrausch durch Shoppingcenter kämpft, der Kuriere mit unnötigen Lieferungen und unzähligen Retouren durch die Straßen scheucht.
Bewusster Konsum kann auch eine partizipative und befreiende Bedeutung erlangen. Ich bin, was ich konsumiere (nicht notwendigerweise kaufe). Richtig verstandener Konsum kann so neue soziale Konventionen aufstellen und andere in der Vergangenheit verschwinden lassen und jeder kann ein Teil davon sein. Wer erinnert sich noch an verqualmte Arztpraxen oder daran, dass es für Vegetarier grundsätzlich nur Pommes gab?
Richtig! Ich auch nicht.
Dieser Text erschien am 14. Mai 2017 in der Langversion im transform Magazin unter dem Titel Diktierte Freiheit: Immanuel Kant und die Bio-Banane.
Autor: Klaus Kerschensteiner
Klaus Kerschensteiner ist studierter Text- und Kultursemiotiker. Er dekodiert Markenwerte und die Bedeutung von kulturellen Codes im Verpackungsdesign.
CHANGING CULTURES MAGAZIN
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