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Jennifer Jordan & Karolina Braun
Cultural Researcherin & Designerin
02.09.2021 | Lesezeit: 3 Minuten

CHANGING CULTURES MAGAZIN > TRENDS > The Rise of the Dried Flower

(Lebens-)Freude bewahren: The Rise of the Dried Flower

Der Frühling steht in seinen Startlöchern und es ist Valentinstag – wie wäre es da mit ein paar schönen Blumen? Gerade nach einem harten, dunklen Winter tun uns doch kleine und liebevolle Gesten so richtig gut. Aber wofür stehen Blumen eigentlich?

 

Blumen sind: Sinnbild/Signal für Natur, Leben, Schönheit, Vergänglichkeit, …
Blumen sind: Ausdruck von Emotionen, wenn Worte nicht mehr reichen – Freude, Trauer, Liebe, Hoffnung
Blumen sind: Integraler Bestandteil unseres Lebens z.B. bei Hochzeiten, Geburtstagen, Jubiläen, um Erfolge zu feiern oder einfach als freudige Überraschung, …

Wir kennen Blumen in verschiedensten Varianten, sei es als Strauß, Gesteck oder als Stand-Alone – derzeit jedoch besonders prominent ist die Trockenblume. Seit letztem Jahr können wir ihren „Aufstieg“ beobachten. Doch woher kommt die Trockenblume so plötzlich, welche kulturellen Entwicklungen stecken hinter ihrem Erfolg und was drückt sie aus?

Die Trockenblume steht für den Versuch etwas Flüchtiges festzuhalten, für Konservierung und Haltbarkeit. Sie ist Sinnbild für Stabilität und Sicherheit, denn man weiß, dass sie nicht verwelken oder sterben wird. Auch der Wunsch nach Altbekanntem spielt eine Rolle wie die Strohblume von damals. Besonders im Vergleich zu lebendigen Blumen wird deutlich, dass es auch um die Haltbarmachung von Freude geht. Die Trockenblume konserviert den Moment, die damit verbundenen Erinnerungen und macht so auch die in diesem Moment empfundene Freude haltbar – ideal für lange (Durst)strecken. Natürlich handelt es sich dann nicht mehr um lebendige oder spontane Freude, dafür aber auch keine vergängliche.

Man könnte so weit gehen und überlegen, ob die Trockenblume überhaupt noch eine Ausdruckform von Freude ist – so gedämpft und nicht mehr ganz lebendig, ja, fast schon melancholisch wie sie daher kommt? Eine Vermutung: Wir leben in herausfordernden Zeiten, die uns viel abverlangen. Uns beschäftigen Klimawandel, Nachhaltigkeit und nicht zuletzt eine weltweite Pandemie. Plötzlich finden Themen wie Sicherheit und Bevorratung in unseren Alltag. Was macht das mit uns? Wir spüren Veränderung, Bedrohung und stellen uns vielleicht die Frage, ob wir uns angesichts solch schwerer Themen überhaupt ausgelassen freuen dürfen. Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in aktuellen kulturellen Ausdrucksformen wider z.B. in Büchern wie “Alle sind so ernst geworden” (Martin Suter und Benjamin von Stuckrad-Barre, 2020), “Die Welt im Einmachglas” (Ursula Schersch, 2020) oder in Podcasts rund um das Thema Resilienz. Auch die Trockenblume ist eine solche Ausdrucksform. Sie verdeutlicht unseren Versuch in unsicheren Zeiten an etwas Stabilem festzuhalten. Gleichzeitig führt sie uns mit ihrer filigranen Zerbrechlichkeit auch die Fragilität unserer Existenz vor Augen und erinnert daran, wie flüchtig und somit kostbar die schönen Momente und unser Leben sind. Nicht zuletzt zeigt die Trockenblume auf, wie erfinderisch wir werden, wenn es darum geht Hoffnung zu bewahren und unsere Sehnsucht nach besseren Zeiten zu stillen. Könnte die Trockenblume sprechen, würde sie sagen: Kopf hoch, es warten auch wieder bessere Zeiten auf uns!

Bildreferenzen

Titelbild: "Dried Flower"

Bild 1: "Strauß" // Bild 2: "Outside" // Bild 3: "Schrank" // Bild 4: “Bloomon” // Bild 5: “Schilf” // Bild 6: “Glas”

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