#CODES & NARRATIVE

Stefan Baumann
Managing Partner STURMundDRANG
09.09.2021 | Lesezeit: 3 Minuten

CHANGING CULTURES MAGAZIN > CODES & NARRATIVE > Was uns in Zukunft glücklich macht

Über die eigentlichen Leitkulturen in Deutschland

Wenn das Business daraus besteht, eine Wette auf das zukünftige Verhalten von Menschen zu machen – wie können wir dann das Erleben und Verhalten von Menschen am besten voraussagen? Als kulturelle Konsumforscher glauben wir: Indem wir den Kontext mitbetrachten. Denn je nachdem wie sich dieser Kontext ändert, verändern sich auch die Einstellungen und das Verhalten von Menschen.

In diesem Sinne sind Trends nichts anderes als aufkommende neue Kontexte, zu denen Menschen sich stellen und verhalten müssen. Aus sich verhandelnden Trend- und Gegentrendströmungen werden neue Leitideologien, aus denen neue Nachfragen entstehen.

In unserer Konsumtrendforschung verfolgen wir momentan elf virulente Strömungen, die sich als neue relevante Verhaltens- und Einstellungsweisen in der Gesellschaft zeigen. In den Mustern der sozio-kulturellen Signale erkennen wir die Motivationen, Hoffnungen und Ängste, die momentan und in Zukunft unsere Gesellschaft durchziehen.

Hinter oder über den Trendströmungen stehen Vorstellungen davon was als “das bessere” Leben momentan angesehen wird, was dem Leben Sinn und Richtung gibt. Wir nennen diese Lebens-Leitideologien Future Mindsets. Jedes Future Mindset wird von einem anderen „Versprechen von Glück“ (Stendhal) angetrieben. Diese Leitideologien finden Anhänger im Konsumdiskurs und bilden mithin einen Konsumstil aus. Jeder Mensch kann sich mehreren Leitideologien gleichzeitig zugetan fühlen und in unterschiedlichen Branchen ein anderes Mindset verkörpern. Aber lernen wir sie jetzt kennen.

1. Nester

Die Nester haben ein Bedürfnis nach emotionaler und sozialer Beständigkeit, nach Integrität und Leitplanken in einer komplexen Welt. Der engste Beziehungskreis ist dabei der wichtigste – Partner, Familie und das eigene Zuhause sind ihr wortwörtliches Nest. Konsumenten in diesem Mindset wünschen sich eine persönliche, empathische Behandlung, ein Wiedererkennen und eine vertrauensvolle, bewusste Beziehung zu ihren Produkten und Marken. Durch die Digitalisierung ist uns mehr und mehr der simple Hautkontakt abhandengekommen, wir sind geradezu berührungshungrig.

2. Considerates

Die Considerates möchten für sich und ihr Umfeld eine Vision vom besseren Leben realisieren. Mit hohem Verantwortungsbewusstsein und Werteorientierung für die Gemeinschaft suchen sie nach Wegen für ein nachhaltigeres und sinnstiftenderes Miteinander – in Zeiten sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Unsicherheit.

3. Nowists

Von Neugier, Selbstverwirklichung und Tatendrang angetrieben suchen die NOWists immer nach Möglichkeiten, ihren Horizont zu erweitern. NOWists leben hedonistisch im Hier und Jetzt und sind lieber risikofreudig statt große, schwer erreichbare Pläne für die Zukunft zu schmieden.

4. Autonomics

Von Selbstbestimmung und Vernunft angetrieben streben die Autonomists nach Unabhängigkeit und Selbstwirksamkeit – sozial wie auch mental. Autonomists wollen als Individuen Anerkennung finden und sich durch neue Erfahrungen und überlegenes Selbst-Design unterscheiden. Im diesem Mindset wollen sich die Konsumenten stärken und ihre Ressourcen ausbauen, um für alle Optionen fit und flexibel zu sein:. Sie programmieren und experimentieren mit sich, erhöhen ihre persönliche Reichweite und vergrößern ihren körperlichen, mentalen und sozialen Spielraum.

5. Counter Punks

Und schließlich das neu aufkommende Mindset Counter Punk. Dieses Mindset will eigene Entscheidungen treffen und Willenskraft zeigen – Leben gegen die Relativierung und das passive Ertragen. Neue Medienformate zeigen deutlich, dass es in der heutigen Welt keinen Platz für ein Vielleicht gibt. Konsumenten zeigen ihre individuelle Position in der Gesellschaft – endlich die Dinge wieder in die Hand nehmen. Auflehnen, Disruptieren, Rebellieren.

Diese Konsumideologien bilden die neuen Glaubenssätze (beliefs), mit denen die Konsumenten auf die Märkte treffen und sich dazu verhalten. Sie bestimmen, wofür und wie ich einen Kredit nehmen will, sie bestimmen was und wie ich essen will. Sie definieren unsere grundsätzlichen Ziele und Motivationen in den Kategorien. Modernes Marketing muss also immer unbedingt vom Konsumenten und deren kultureller Konsumideologie aus starten.

 

Autor: Stefan Baumann

Konsumpsychologe Stefan Baumann entwickelt Markenvisionen, Transformations- und Innovationskonzepte auf Basis von Insights über Konsumkultur im Wandel. Besonders gerne berät er inhabergeführte Unternehmen, die über eine Erneuerungsstrategie wieder mehr Relevanz in einem veränderten Marktkontext gewinnen wollen.

sbaumann@sturmunddrang.de

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